Käthe Kollwitz ganz nah!

Schwarz-Weiß Fotografie von Hannelore Fischer vor einer Zeichnung von Kätze Kollwitz.

Zum Clubabend im Januar 2023 war Hannelore Fischer, die ehemalige Direktorin des Käthe Kollwitz Museums Köln, im SI-Club Stuttgart zu Gast. Sie stellte uns Werk und Lebensstationen dieser bedeutenden Künstlerpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts vor.

Das Käthe Kollwitz Museum in Köln ist die weltweit größte Sammlung von Werken der Künstlerin. Trägerin ist die Kreissparkasse Köln, die 1983 aus deren Nachlass als Grundstock einige Blätter erwarb und in den folgenden Jahrzehnten weitere Werke ankaufte. Heute enthält das Museum in Köln über 300 Zeichnungen, mehr als 500 Druckgraphiken sowie das komplette plastische Werk von Käthe Kollwitz.

Hannelore Fischer hat diese Sammlung und das Museum engagiert aufgebaut, durch wegweisende Ausstellungen und Publikationen einer großen Öffentlichkeit bekannt gemacht und zu internationaler Beachtung geführt. Sie vermittelte uns die eindrucksvolle Bildwelt von Käthe Kollwitz mit großer kunsthistorischer Expertise und Leidenschaft. Die existentiellen Themen wie Krieg, Armut, Tod, aber auch Liebe und Geborgenheit finden in diesem Werk eindringliche Bildlösungen, die bis heute nichts an Aktualität verloren haben. Zusätzlich war der Vortrag von Hannelore Fischer auch ein soroptimistischer Brückenschlag zwischen dem SI-Club Köln, dem Hannelore Fischer bis 2022 als Vizepräsidentin vorstand, und unserem SI-Club Stuttgart.

Literaturtipp
Bestellbar auch über museum@kollwitz.de



Literaturabend mit Gästen

Inhaberin Uscha Kloke und Diplom-Bibliothekarin Andrea Martin vom Botnanger Buchladen stellen uns schon seit vielen Jahren ihre Favoriten des Jahres vor, jedes Jahr im November. Nur einmal musste der Abend ausfallen, 2020 wegen der Pandemie. Wir haben uns gefreut, dieses Jahr mit Vorsichtsmaßnahmen den „Bücherabend“ weiterführen zu können. Insgesamt 16 ausgewählte Bücher haben Frau Kloke und Frau Martin vorgestellt.

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums von Soroptimist International hat Frau Kloke drei Bücher einer besonderen Autorin mitgebracht. Die Autorin ist Gabriele Tergit, geboren 1894 in Berlin als Elise Hirschmann, Tochter aus einem wohlhabenden deutsch-jüdischen Elternhaus. Sie gehörte 1930 zu den Gründungsfrauen des Berliner Soroptimist-Clubs, der erste Club von Soroptimist International in Deutschland. Sie starb 1982 in London.

Frau Kloke erzählte über eine der bekanntesten Journalistinnen der damaligen Zeit: „Gabriele Tergit begann früh zu schreiben und wurde eine der ersten Gerichtsreporterinnen der Weimarer Republik. Sie publizierte in der renommierten Vossischen Zeitung und mit dem geschärften Blick der Gerichtsreporterin beobachtete sie früh die politischen Entwicklungen und die Verrohung in der deutschen Gesellschaft. Weil sie Jüdin war und obendrein klug und mutig und sowohl die sozialen Verhältnisse anprangerte als auch früh die Ideologie der Nazis kritisierte, musste sie bald nach Hitlers Machtergreifung emigrieren. Ihr ganzes Leben hindurch hat sie geschrieben. Obwohl Gabriele Tergit unbedingt in eine Reihe mit Kurt Tucholsky oder Erich Kästner gehört, geriet sie – wie so viele Frauen in der Literaturgeschichte – in Vergessenheit“.

Neben Gabriele Tergits berühmten Romanen „Käsebier erobert den Kurfürstendamm“ (1931) und „Effingers“ (1951) stellte Frau Kloke den Roman „So war’s eben“ vor, eine Ersterscheinung aus dem Nachlass der Autorin. Dieser zum Teil autobiografische Generations- und Zeitroman über den Untergang des jüdischen Bildungsbürgertums in Berlin bis hin zur Flucht ins Exil, fand zu ihrer Lebzeit keinen Verlag. Sogar der renommierte Lektor beim Rowohlt Verlag, Fritz Raddatz, lehnte das Manuskript ab. Der Literaturwissenschaftlerin Nicole Henneberg ist es zu verdanken, dass Gabriele Tergit posthum wiederentdeckt wurde. Sie ist auch Herausgeberin der Neuauflagen dieser Bücher. 

„Ihr aktuelles Buch ‚So war’s eben‘ ist komplexer erzählt als die beiden anderen Bücher, und doch hat es mich persönlich am meisten begeistert, weil man ausgesprochen viel über den Alltag und insbesondere das Frauenleben in den Jahren zwischen 1890 und den 1950er Jahren erfährt“, ergänzt Frau Kloke abschließend.

Wir danken Uscha Kloke und Andrea Martin für den interessanten Abend und ihre vielfältigen Empfehlungen!