Anlässlich des Weltfrauentags am 8. März findet die Aktion Walk in Different Shoes von Soroptimist International Europa statt. Aus diesem Anlass machen wir eine für unseren Club bedeutende Frau sichtbar, um an ihrem Beispiel einer der vielen Frauen ein Gesicht zu geben, die täglich in den unterschiedlichsten Rollen unterwegs sind: als Berufstätige, als Mütter, Ehefrauen oder Töchter, als Engagierte in verschiedenen Organisationen.
„Keine Zeit und zu faul“
„Keine Zeit und zu faul“ lautet der Titel einer Komposition von Eva Schorr, einer Kammerszene für Bariton und vier Instrumentalisten, mit der sie anlässlich des 60. Geburtstags der Dichterin Gabriele Wohmann eines von deren Hörspielen vertonte. „Keine Zeit“ mag auch für das Leben von Eva Schorr zutreffend sein – „zu faul“ hingegen ganz sicher nicht.
Eva Schorr widmet sich von Kindheit an der Musik und der Malerei. Ab 1947 studiert sie an der Musikhochschule in Stuttgart gleich zwei Studiengänge parallel: Ein Studium der Kirchenmusik versprach in der damaligen Zeit auch für eine Frau eine solide berufliche Anstellung. Komposition zu studieren war Ende der 1940er Jahre für eine Frau jedoch gewagt. Doch Eva Schorr lässt sich davon nicht beeindrucken und schließt Anfang der 1950er Jahre beide Studiengänge ab.
Kurz nach Abschluss ihres Studiums heiratet Eva Schorr und bekommt drei Kinder. Und sie verfolgt eine erfolgreiche Doppelkarriere als Komponistin und als Malerin. Ihr Werkverzeichnis umfasst über 100 Kompositionen, dazu Werke aus ihrer Jugend- und Studienzeit; als Malerin hinterlässt sie ca. 1700 Werke.
Und als wären Musik, Malerei und Familie allein noch nicht genug, engagiert sie sich bei Soroptimist International. Eva Schorr, damals Anfang 40, gehört 1969 zu den Gründungsmitgliedern des Clubs Stuttgart. Thematisch dürften ihr die soroptimistischen Themen und Werte nicht zuletzt aus eigener Erfahrung ein Anliegen gewesen sein. In einem Interview erzählt sie 1992 rückblickend davon, man habe ihr zu Beginn des Studiums davon abgeraten, Komposition als Hauptfach zu wählen. Sie berichtet auch davon, dass über Werke von Frauen in ihrem Studium nicht gesprochen wurde. Und als sie sich Anfang der 1950er Jahre auf eine Tonsatzlehrerstelle an „ihrer“ Stuttgarter Musikhochschule bewarb, wurde ihre Bewerbung mit der Begründung abgelehnt, dass eine solche Stelle von einem Mann besetzt werden müsse.
Über ihre jahrzehntelange Zugehörigkeit zum Soroptimist Club Stuttgart hat sie einige Zeilen für unseren Club niedergeschrieben. Sie betont darin die innere Verbundenheit und Herzlichkeit zu allen Clubmitgliedern und die Anregungen, die sich aus deren verschiedenen Begabungen und Charakteren ergeben. Und – etwas augenzwinkernd – hält sie fest: „Was mir mit meinem künstlerischen Doppelberuf besonders liebenswert erscheint, ist die Tatsache, dass meine lieben Clubschwestern stillschweigend darüber hinwegsehen, dass ich mich mit Erfolg vor Ämtern drücke. Das danke ich ihnen allen sehr!“ – Keine Zeit. Aber sicher nicht faul.