Das Soroptimist International Club Stuttgart Stipendium 2023 in Höhe von 1500 Euro erhält die Sopranistin Emmanuelle Chimento. Das jährliche Stipendium hat das Ziel, die Ausbildung von Studentinnen an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HMDK) zu fördern und ihnen den Einsteig in die Berufstätigkeit zu erleichtern.
Beim Vorsingen überzeugte Emmanuelle Chimento neben der Fachjury der Hochschule auch die Jury der Soroptimistinnen. Ihr Motivationsschreiben zeichnete sich durch Intelligenz, Klarheit und Mut aus, verbunden mit Talent zu sprachlicher Gestaltung. Sie tritt entschieden für feministische Werte, Gleichberechtigung und Einhaltung der Menschenrechte ein.
„Emmanuelle Chimento ist eine charismatische Persönlichkeit. Sie bringt mit ihrer Stimme ganz bewusst innere Anteile zum Leuchten und nimmt intuitiv Kontakt mit dem Inneren der Zuhörenden auf. Das ist etwas sehr besonderes. Zudem ist ihre Bühnenpräsenz und die Entfaltung ihrer klaren Sopranstimme ganz wunderbar“, unterstreicht Dr. Gudrun Jacobi, Soroptimistin und Teil der Jury des SI-Clubs Stuttgart.
Die Preisträgerin freut sich sehr über die Unterstützung ihrer künstlerischen Laufbahn durch das Stipendium: „Das ist das erste Mal, dass ich mich für ein Stipendium beworben habe. Mich überzeugen die Ziele von Soroptimist International. Mit meiner Stimme und dem Gesang möchte ich mich für die Verwirklichung dieser Ziele einsetzen.“ Nach Beendigung ihres Masterstudiums strebt die Sopranistin eine Bühnenkarriere in der Oper an. Das Stipendium soll sie beim Vorankommen in ihrer Gesangskarriere unterstützen.
Sie wirkt bereits jetzt in Frankreich und Deutschland an Konzerten und Produktionen mit. Am 14. Mai singt sie in der Reihe Töne der Klassik in Bad Boll, im Festsaal der Rehaklinik. Unter dem Titel Fiamma Amorosa präsentieren Studierende der HDMK Stuttgart Opern-Arien.
Außerdem wird Emmanuelle Chimento im Juni in Ulm die Wesendonck Lieder von Wagner singen, und im November bei einem Konzert der jüdischen Kulturwochen Stuttgart mitwirken. Weitere Konzerte sind auf ihrer Website zu finden: https://emmanuellechimento.com/schedule
Bei unserem Clubabend im April sprachen wir mit Emmanuelle Chimento über ihren Werdegang und Dr. Gudrun Jacobi führte ein Interview mit ihr:
Sie sind Französin, in Aix-en-Provence geboren, Ihre Familie hat französische und italienische Ursprünge. Wie haben Sie Ihre Kindheitseindrücke und die südliche Umgebung als prägend für Ihre künstlerische Entwicklung wahrgenommen?
Sehr prägend. Das Licht und die Farben in Aix sind einzigartig, wunderschön. Die Familie meiner Großmutter stammte aus Sizilien, sie selbst war in Tunesien aufgewachsen. Sie sang sehr viele Lieder in italienischer und französischer Sprache, davon war meine Kindheit begleitet. Ihr Gesang und das gemeinsame Singen bedeuteten mir Freude, Hoffnung und Leben. Ich hatte eine glückliche Kindheit mit meiner Großmutter und der Musik. Auch meine Mutter, die sich als Rechtsanwältin für Gerechtigkeit einsetzte, ist sehr wichtig für mich. Sie hat mich immer unterstützt. Ich wurde als Frau und Künstlerin durch ihre Unabhängigkeit und Freiheit stark beeinflusst. Beides ist mir bis heute sehr wichtig.
Sie haben nicht direkt das Gesangsstudium aufgenommen.
Für mich war immer klar, dass ich auf die Bühne gehöre. Daher habe ich zunächst in meiner Heimatstadt Aix ein Schauspielstudium absolviert und auch Regie geführt. Diese Ausbildung ist für die Bühnenpräsenz sehr hilfreich. Meine Ausbildung zur Sängerin führte mich über mehrere Stationen nach Paris. Zunächst an das Conservatoire Marseille, dann ans Conservatoire Nationale Supérieure Paris. Dort beeinflusste und unterstützte mich vor allem mein Korrepetitor Damien Lehman. Es ist enorm wichtig, den richtigen Lehrer und eine entsprechende mentale Unterstützung zu finden.
Sie sind nun im Masterstudiengang Konzertgesang an der HMDK in der Klasse von Frau Prof. Ulrike Sonntag. Was hat Sie bewogen, von Paris nach Stuttgart zu wechseln?
Ich hatte Ulrike Sonntag als Lehrende bei ihrem Meisterkurs im Rahmen der Margreet Honig Summer Academy Weinberg kennengelernt. In ihr habe ich die richtige Lehrerin gefunden. Ihre musikalische Interpretation und ihr ausgezeichneter Unterricht voller Hingabe haben mich nachhaltig beeindruckt und begeistern mich bis jetzt. Ich war nach meinem Bachelor zunächst für ein Erasmus–Jahr nach Stuttgart gekommen und wurde dann in den Masterstudiengang aufgenommen.
Wie ist es, im Vergleich zu Paris, in Stuttgart zu sein?
Sehr gut. Privat und für Konzerte pendele ich zwischen Paris und Stuttgart. In Frankreich gibt es neben den Conservatoires régionales zwei Musikhochschulen, Lyon und Paris, in Deutschland gibt es 24. Ich habe den Eindruck, das führt bei den Menschen innerhalb der Hochschulen zu mehr Lockerheit und Gelassenheit, was gut ist für die Kunst, für die Kreativität und die Entwicklung der Stimme. Auch ist der Methodikunterricht an der Hochschule hier sehr gut. Beeindruckend in Deutschland ist auch, dass es so viele Chöre gibt, vor allem Kirchenchöre.
Sie machen sich Gedanken zur Verbindung von künstlerischen und sozialen Themen.
Da gibt es so viele Aspekte und Möglichkeiten. In Paris habe ich 2022 am Théâtre du Châtelet als einzige Weiße an einer –mit 20 ausverkauften Vorstellungen– sehr erfolgreichen Produktion mitgewirkt. Es ging um das Thema Frankreich und die afrikanische Geschichte, Kolonialismus und Kunstraub. Zuvor hatte ich noch nie meine weiße Hautfarbe wahrgenommen. Von der sängerischen Arbeit mit den beeindruckenden Frauen, den Sängerinnen habe ich viel gelernt. Immer wieder Menschen unterschiedlicher Art und Herkunft zu treffen, ist mir wichtig, bedeutet für mich auch Anknüpfen an meine Familiengeschichte.
Was hat Sie motiviert, sich für dieses Stipendium zu bewerben?
Bisher hatte ich mich noch nie für einen Preis beworben. Mich überzeugen die Ziele von Soroptimist International. Ich stehe hinter dem Feminismus und interessiere mich sehr für Frauenthemen, Gleichberechtigung und die Wahrung der Menschenrechte. Mit meiner Stimme und dem Gesang möchte ich mich auch für die Verwirklichung dieser Ziele einsetzen.
Gibt es eine Idee?
Ich habe die Idee, geflüchteten Frauen, insbesondere Sängerinnen, ehrenamtlich Gesangsunterricht zu geben, sie zu ermutigen, sich mit ihrer Stimme auszudrücken.